Nur der SVW!

Unterwegs mit dem glorreichen Sportverein

Werder – Hamburger SV 1:3, Sa. 28.11.15, ausverkauft

Nachdem der letzte Samstag sowohl aus fantechnischer als auch spielerischer Sicht zum Vergessen war, hieß es heute Derby zu Hause gegen den HSV. Bereits vorab gab es Betretungsverbote des Viertels für mehrere Ultras beider Vereine und die übliche Allgemeinverfügung bezüglich Fanmarsch wurde auch auf Heimfans ausgeweitet. Ebenso wurde mehrfach auf das Glasflaschen- und Getränkedosenverbot hingewiesen. Was man auf solche Verbote geben kann, zeigte sich dann nach Anreise mit Fernbus am Hauptbahnhof. Jede Menge Fans mit Bierflaschen, also eigentlich alles wie immer. Leider war das Polizeiaufgebot rund um den Bahnhof und die Zahl der stark alkoholisierten Fans wie beim Derby üblich mal wieder deutlich größer als sonst. Dadurch gestaltete sich der Weg zum Edeka auf der Rückseite des Hauptbahnhofs ein wenig schwieriger. Natürlich wurden die Gästefans alle genau dort hin geleitet um von dort per Shuttlebus zum Stadion gebracht zu werden. Vorbei an hunderten wild pöbelnden Hamburgern wird man dann auch noch von „Hamburg meine Perle“ ausgerechnet aus den Polizeilautsprechern beschallt, kein guter Beginn des Derbytages.

Bei entgegen der Wettervorhersage trockenem Wetter ging es entlang des Osterdeichs in Richtung Stadion. Der Anblick von Wasserwerfer und Wanne an Wanne (zur Feier des Tages waren auch Dresdener Polizisten zum Knüppelschwingen eingeladen) ließ die innerliche Anspannung von Meter zu Meter steigen. Schon aus der Ferne waren die hässlichen mit Folie behangenen Bauzäune als Sichtblende gegenüber den Gästefans auf Höhe der Weserterrassen und Café Ambiente zu sehen. Ums Stadion merkte man schnell, dass sich scheinbar jeder auf ausführlichere Kontrollen einstellte, waren doch bereits um kurz vor zwei schon so viele Leute unterwegs wie sonst erst eine Stunde vor Spielbeginn, vielleicht beherzigten die Leute auch nur den heute ausnahmsweise etwas früheren Einlass. Zwei direkt vorm Stadion stehende schwarze Audis mit Blaulicht und Berliner Kennzeichen stellten sich im Nachhinein als Eskorte für Vizekanzler Sigmar Gabriel heraus. Was man auf Aussagen wie „Sigmar Gabriel drückt seinen Werderanern heute live im Stadion die Daumen“ geben soll, ist jedem selbst überlassen. Ich habe jedenfalls vorher noch nie gehört, dass Gabriel Werderfan wäre.

Vorm Ostkurvensaal dann noch schnell Parole, Weltenbummler und Abholscheine für den neuen Kurvenkalender der Wanderers geholt, jeder Menge Leuten die Hand geschüttelt und dann ging es endlich rein in unser geliebtes Weser-Stadion. Auch wenn vorab vor intensiveren Kontrollen gewarnt wurde, konnte ich keinen Unterschied gegenüber vorherigen Kontrollen feststellen, aber Hauptsache man diskutiert tagelang drüber, welche Sicherheitsvorkehrungen getroffen werde und was die Zuschauer zu erwarten haben. Die Ankündigung der ausgiebigeren Kontrollen und der vorm Spiel stattfindenden Choreo der Wanderers vor Spielbeginn verleiteten wohl die Besucher der Ostkurve dazu, bereits 1,5 Stunden vor Spielbeginn am Platz zu sein. So voll habe ich die Ostkurve jedenfalls diese Saison noch nicht erlebt. An den Klappsitzen der einzelnen Reihen waren schon die ersten Teile der Choreo in Form von grünen und weißen Folienfahnen zu sehen. Leider scheinen die wenigsten der bei Derbies anwesenden Fans des Lesens (der Ankündigungszettel der Wanderers) mächtig, anders ist es nicht zu erklären, dass die Fahnen schon weit vor Spielbeginn intensivst genutzt und teilweise sogar zerstört wurden. Wieso klappen eigentlich bei jedem scheiß Verein die Choreos, nur bei uns scheinen viele Leute einfach zu blöd? Ich werde es wohl nie verstehen. Trotz aller negativer Vorzeichen klappte die Choreo dann doch erstaunlich gut. Neben der angesprochenen grünen und weißen Fahnen gab es zahlreiche Doppelhalter mit unserer Raute, Konfetti und große grüne „Werder Bremen“ Stoffbahnen vor den Werbebanden vor dem Oberrang. Passend dazu wurde eine riesige Raute auf Folie mit einer Vorrichtung aus der Mitte der Ostkurve hochgezogen. Wer sich ein Bild des Ganzen machen will, der sei z.B auf Stefans Foto verwiesen. Passender als mit seinen Worten „Die vielleicht beste Wanderers-Choreografie bislang“ kann man das ganze wahrscheinlich nicht beschreiben. Optisch gut ins Bild passte auch die anlässlich des Geburtstags neue Zaunfahne der Jugend, welche ebenfalls bei Stefan zu sehen ist.

Entsprechend motiviert ging es dann auch ins Spiel. Die Gesänge schallten durch die gesamte Ostkurve und wurden auch vom Rest des Stadions schnell übernommen. Leider dauerte dieser Zustand nicht lange an. Bereits in Minute drei erzielte Ilicevic das erste Tor für das Gästeteam aus der verbotenen Stadt. Machen wir tatsächlich weiter, wo wir in Wolfsburg aufgehört haben? Um es gleich vorweg zu nehmen: leider ja. Wilde Fehlpässe, immer wieder brenzlige Situationen vor unserem Tor, ein unnötiges 0:2 und kaum Zug vor das Tor der Gäste. Die Anfeuerungen der Kurve wurden im Verlauf leider auch deutlich weniger und regelmäßige „Hurensöhne“-Rufe gegen den HSV  waren zu vernehmen. Ich bin es echt leid, mich über so etwas aufzuregen, aber es will weiterhin nicht in meinen Kopf, dass manche lieber gegen den Gegner pöbeln als die eigene Mannschaft anzufeuern. Mit Liedern wie „Samstags um halb vier“ und „Wo die Weser einen großen Bogen macht“ konnten zwischenzeitlich noch einmal große Teile des Stadions zur Anfeuerung animiert werden. In der folgenden Drangphase konnte auch unsere Elf in grün und weiß nochmal etwas zulegen und folgerichtig erzielte Ujah den 1:2 Anschlusstreffer. In diesem Moment konnte man der Ostkurve die Hoffung und den Willen, das Spiel noch zu drehen, förmlich anmerken. Vielleicht hätten wir in der Folge besser elf Mann aus der Kurve eingewechselt, den Mannen auf dem Feld merkte man in Sachen Hoffnung und Willen nämlich deutlich weniger an. Nur fünf Minuten später machte dann auch Müller mit dem 1:3 alles klar und sowohl Mannschaft als auch Fans ergaben sich mehr oder weniger. Das zweite richtig schlechte Spiel in Folge bescherrte uns eine verdiente Derbyniederlage. Nach dem Spiel muss auch ich zugeben, was ich lange nicht für möglich gehalten habe: mit so einer Leistung wird es diese Saison richtig schwer für uns und ob wir in den entscheidenden Spielen so viel Dusel haben werden wie unser heutiger Gegner die letzten beiden Spielzeiten?! Dass wir kommende Woche ausgerechnet gegen den VfB Stuttgart ranmüssen macht die Sache nicht viel besser. In all den Jahren habe ich erst einen Sieg in Stuttgart erlebt. Aber war die Ausgangsituation vor Augsburg nicht ähnlich? Also Arsch aufreißen und im Ländle siegen!

Die Fans aus der falschen Hansestadt verhielten sich erstaunlich unauffällig. Mit ihrem „immer erste Liga“ waren sie zwar leider regelmäßig in der Heimkurve zu vernehmen, optisch gibt es aber außer zwei Spruchbändern vor dem Spiel (gegen die Betretungsverbote) und zur zweiten Halbzeit nichts zu vermelden. Als sich dann ein älterer Herr mit HSV-Schal in der 85. Minute zum pöbeln von seinem Sitzplatz in der Loge oberhalb der Ostkurve (!) erhob, wurden noch ein paar Nettigkeiten und Getränke ausgetauscht bevor sich die Logensecurity dem Herren annahm. Da gab es meiner Meinung nach schon bessere Auftritte der Hamburger.

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Caillera

Wanderers