Heimspiel gegen Erna aus Berlin? Auch auf das Risiko hin, dass ich mich wiederhole: Da gibt es doch wesentlich interessantere Gegner als den Hauptstadtclub. Auch mit der dortigen Szene musste ich bei TeBe Spielen schon die ein oder andere negative Erfahrung machen. Einzig positiv an der Ansetzung war eigentlich die Anstoßzeit, sollten wir doch tatsächlich mal wieder samstags um 15:30 Uhr spielen.
Der sehr wechselhafte Tag startete mit der Meldung, dass Grün-Weiße Hilfe und Fanhilfe Berlin das in Bremen übliche Fanmarschverbot für Gästefanszenen vor dem Verwaltungsgericht haben prüfen lassen. Aufgrund der kurzfristigen Entscheidung gibt es kein endgültiges Urteil, der entsprechende Bericht liest sich aber erst einmal zuversichtlich und lässt für die Zukunft hoffen.
Bereits weit vor Anpfiff zog mein Versuch, mit betrunkenen Hertha-Fans über die Begriffe „Fotze“ und „Schwanz“ als Betitelung vorbeilaufender Werderfans zu diskutieren, die Aufmerksamkeit der Polizei auf uns. Netterweise erkannten sie schnell und ganz ohne unser zutun, wer hier scheiße von sich gibt. Kennt man von der Polizei so ja auch eher selten. Normalerweise greift man doch allerhöchstens mal ein, wenn wirklich rassistische Scheiße kommt. Ansonsten blieb es wohl bis auf eine Ausnahme an der Rampe zum Stadion relativ ruhig vor dem Spiel. Überschneidungen der Terminierungen in Liga eins und zwei hatten heute zur Folge, dass ich mal wieder am Stand stehend den Zweitverein, bei dem ich auch ein Saisonabo besitze, auf Leinwand verlieren sehen musste. Doppelt bitter, verlieren und nicht unterstützen können. Am Stand selbst lief der Verkauf heute dafür nicht ganz so schlecht. Seit Freitag haben wir beide neuen Motive nun auch endlich in XXL. Wer also noch ein schickes neues T-Shirt braucht, der/die sei auf’s nächste Heimspiel verwiesen. Zu Neuigkeiten an den anderen Ständen kann ich dagegen wenig sagen. Nur von der neuen Kleberreihe „Wunder von der Weser“ bei Caillera habe ich mitbekommen.
Früh ging es dann auch in’s Stadion. Der Grund lässt sich ganz einfach erklären: Die Jugend sollte mal wieder eine Choreo machen. Diese Bestand aus Raute-Blockfahne, grünen und weißen Fahnen im Block und „Auf geht’s Grün-Weiße!“-Spruchband vor’m Block. Insgesamt schick anzusehen. Einzig nervig mal wieder, dass einige Personen in den oberen linken und rechten Ecken des Blocks ihre Fahnen schon lange vor Einlaufen der Mannschaft schwenkten und das Bild dadurch ein wenig störten. Wirkte sich aber glücklicherweise nicht zu negativ aus und so startete man ebenso wie die Mannschaft auf dem Feld gut in’s Spiel. Dieser gelang durch Sargent schon in Minute 7 der Führungstreffer. Auch in der Folge erspielte man sich mehrere Chancen und war trotz einiger Hertha-Konter über weite Teile der ersten Hälfte das bessere Team. Etwas Glück hatte man in einer Situation, als Ibisevic von Pavlenka im Sechszehner meiner Meinung nach klar gefoult wird. Eine minimale Ballberührung unseres Keepers rettete aber wohl die Führung und verhinderte den Elfer. In der Ostkurve wechselten sich wie so oft sehr laute mit auch deutlich leiseren Phasen ab. Der Andree Wiedener wirkte aus der Entfernung sehr gut, ebenso einige Hüpfeinlagen. In Halbzeit zwei dann ein eher ausgeglichenes Spiel mit Chancen auf beiden Seiten. Der Plan, Hertha heute mit einem hohen Sieg zu überholen oder einem knappen Sieg zumindest direkt an die Alte Dame heranzurücken, ging leider nicht auf. Mitte der zweiten Hälfte fing man sich das obligatorische Gegentor und konnte trotz noch einiger Konter und Einwechslung von Pizarro keine entsprechende Reaktion mehr zeigen. Reaktionen zeigte man dafür heute zahlreich im Block. Die Gruppenfahnen zierten nach den antisemitischen Vorfällen in Halle und der klar rassistisch motivierten Militäroperation unter der Woche in der Türkei und Syrien sowohl israelische als auch kurdische Fahnen. Solidarität mit der kurdischen Bevölkerung zeigte man ebenfalls per Spruchband seitens Caillera in Halbzeit eins und deutlich größerem „Hände weg von Rojava“-Banner der Jugend inklusive gelb-rot-grüner Fahnen zu Beginn von Hälfte zwei. Der Message kann man sich nur anschließen und den Kurd*innen alles erdenklich Gute wünschen! Kämpfen freies Rojava! Auch der antisemitisch motivierte Anschlag wurde per Spruchband von Caillera und UTB angesprochen und noch einmal klargestellt, dass es sich beim Täter nicht um einen verwirrten Einzeltäter handelt! Weitere Spruchbänder betrafen u.a. Darmstädter Stadionverbotler*innen (WB) und überzogene Ticketpreise (IY).
Die Herthaner*innen fielen rund um’s Spiel immer wieder mit diskriminierenden Gesängen auf. Ist man aus der Hauptstadt leider schon länger gewöhnt, wer erinnert sich nicht u.a. an die übel homophoben Spruchbänder gegen den FC Köln vor einiger Zeit. Der Support der Berliner Ostkurve in unserer West konnte akustisch nach meinem Eindruck schon sehr überzeugen. Inhaltlich ist das aber so gar nicht mein Supportstil. In Halbzeit eins gefühlt 80% der Gesänge irgendwie gegen Union. Ich stelle mir gerade vor, dass wir einen Großteil einer Halbzeit nur gegen den HSV singen würden obwohl der Gegner ganz wer anders ist.
Kommendes Wochenende geht es für uns mal wieder zum Topspiel nach Leverkusen. Dort sehen wir in der Regel ja nicht so schlecht aus. Wollen wir hoffen, dass auch diesmal was zählbares bei rum kommt.
Zuletzt noch eine Bitte:
Ich musste im Nachgang des heutigen Spiels wieder feststellen, dass einige meiner bei Twitter geposteten Spieltagsfotos ohne Quellangabe auch von Journalist*innen wild geteilt werden. Ich habe echt nichts dagegen, dass ihr die Fotos nutzt, aber seid so fair und erwähnt wenigstens kurz, woher die Fotos stammen. Das hat weniger mit meinem Ego zu tun als viel mehr mit der Tatsache, dass die Rojava-Spruchbänder ohne Quellangabe bei Twitter auch in Kontexten genutzt wurden, die meinem Selbstverständnis und mit Sicherheit auch dem von Jugend und Caillera widersprechen. Ich möchte wirklich ungern erleben müssen, dass irgendwann BLÖD und Co ein von mir gemachtes Foto bei sich auf der Homepage nutzen ohne dass ich vorher gefragt werden und dem widersprechen konnte.
Hände weg von Rojava!
Gegen jeden Antisemitismus!
Spruchbänder heute:
„Immobilienhaie: Vorsicht bissig!“
„Auf geht‘s Grün-Weiße“ – Infamous
„Weserstadion unantastbar“
„Kampf dem Faschismus in Bremen, Halle und Rojava!“ – UTB
„Bijî Berxwedana Rojava!“ – Caillera
„Ein kleiner großer Werderfan erblickt die Welt! Herzlich willkommen Elias!“ – Caillera
„Together we fight – together we stay!“ – Infamous
„Diffidati con noi – durchhalten Freunde“ – Wanderers
„Hände weg von Rojava!“ – Infamous
„Weder „verwirrter Einzeltäter“ noch Alarmsignal. Nie wieder muss mehr als ein Slogan sein. Gegen jeden Antisemitismus!“ – Caillera
„Überteuerte Karten? Gibt‘s auch im Ticketcenter! Für soziale Eintrittspreise!“ – Infamous
weitere Fotos gibt es hier: