Nur der SVW!

Unterwegs mit dem glorreichen Sportverein

Fortuna Köln – VfL Osnabrück 3:1, Fr. 04.12.15, 2696 Zuschauer

Die letzten zwei Wochen wurden fleißig Spielpläne studiert um den genauen ersten Geltungstag meiner für die Masterarbeit benötigten Probe-Bahncard 100 möglichst sinnvoll festzulegen. Da wir an Nikolaus in Stuttgart spielen sollten und direkt den folgenden Tag meine Masterarbeit beginnt, wurde ein Weg gesucht, das Wochenende reisetechnisch noch sinnvoll zu nutzen, gleichzeitig aber zu viel Stress zu vermeiden. Aus der Heimat reist es sich deutlich kürzer nach Stuttgart, also wurde der Plan gefasst, Freitag in die Heimat zu fahren und Freitag und Samstag zwei Spiele in NRW mitzunehmen. Da die Auswahl Freitags doch ziemlich begrenzt ist, blieb eigentlich nur Fortuna Köln gegen den VfL Osnabrück. Südstadion fehlte mir noch in Liga drei, abends noch entspannt nach Hause, perfekt. Also Bahncard-Beginn auf 04.12. gelegt und an diesem Tag mittags auf den Weg Richtung Domstadt gemacht. Die erste ICE-Fahrt mit einer Bahncard 100 gestaltete sich dann auch ziemlich ereignisarm. Nichts, wovon man noch Jahre später seinen Kindern erzählen wird, wobei eine Bahncard 100 meiner Meinung nach schon ein Gespräch wert ist. War die Fahrt bis Köln quasi kostenneutral (die BC100 wird ja eh ab Mo wochentags fürs Pendeln gebraucht), gab’s im örtlichen Hauptbahnhof den ersten Schock: Wollen die tatsächlich für die Gepäckschließanlage mittlerweile 4 Euro für 2 Stunden und 7 Euro für den Tag. Zum Vergleich, in Bremen kostet der Tag je nach Auslastung 3 bzw. 4 Euro. Aber vielleicht gibt’s für das Gepäckstück ja noch eine Führung durch den Dom inklusive, sieht ja keiner, wo die Box hinfährt. Den restlichen Weg per Straßenbahn zum Südstadion wurde sich dann wieder auf die BC100 verlassen (die gilt doch im City1-Bereich?!) und dort auf den zweiten Schock gewartet. Eintrittskarte Steh ermäßigt 12 Euro. Dafür komm ich selbst in Liga 1 ermäßigt rein. Es gibt zwar theoretisch günstigere Steher in den Kurven statt Steh Mitte, allerdings wird der Heimbereich der Kurve halt auch nur bei entsprechendem Andrang geöffnet.

Mit diesem Luxusticket wurde mir dann auch ohne Probleme (angekündigt waren auch hier vorab intensivere Kontrollen) Einlass ins Südstadion gewährt. Klassisches Fußballstadion mit Laufbahn, flacher Sitzplatzhaupttribüne und sonst Stehplatztribünen mit echten Kurven. Wie angekündigt war die Heimkurve gesperrt und so versammelte sich das Fortuna-Publikum auf der Gegengeraden auf beiden Seiten des Spielertunnels. Für mich interessant postiert sich auf jeder Seite eine aktive Gruppe links und rechts des Tunnels. Aus dem Block gesehen links stehen Eagles, Schäng Gäng und Umfeld, während auf der rechten Seite die Mülltonn stehen. Die Eagles sollten aufgrund ihres wirklich langen Bestehens so ziemlich jedem bekannt sein, am heutigen Abend versammelten sich in ihrem Bereich etwa 20 bis 30 Leute mit 2 bis 3 Schwenkern. Vor Spielbeginn verkauften Mitglieder am eigenen Stand auch Mützen und Kleberpakete direkt vorm Block. Die Mülltonns fallen zunächst mal durch ihre Mülltonnen-Trommel (quasi Metallmüllkorb mit Trommelfell in der Öffnung) und die starke Zaunbeflaggung auf. So hingen nicht nur Gruppen- und Vereinszaunfahnen sondern auch mehrere „Kein Mensch ist illegal“ und „Refugees welcome“ Fahnen, sehr sympathisch. Leider wurde der Großteil der Fahnen von einer Ersatztrainerbank (die beiden Mannschaften hatten je eine und das war eben eine dritte ungenutzte) direkt vorm Zaun verdeckt. Übrigens positionieren auch Eagles und Schäng Gäng sich ganz klar gegen Rassismus, wirklich nette Szene dort also, auch wenn man nicht unbedingt mit Auswärtsfahrerzahlen und stimmgewaltigen Support punkten kann 😉 Der Support war auch am heutigen Abend eher wenig und spielbezogen. Ab und zu kletterte mal ein Vorsänger bei Mülltonn auf den Zaun und stimmte etwas an, die meisten Lieder kamen aber direkt aus dem Block.

Die Gäste aus Osnabrück standen bis 10 Minuten vor Anpfiff noch sehr breitgefächert in der weiten Gästekurve. Erst kurz vor Anpfiff kam dann die Szene rund um Violet Crew an und beflaggte den zentralen Bereich des Blockes mit einem Ultras Osnabrück-Banner, dem Gruppenbanner und vielen kleinen Bannern ziemlich flächig in lila-weiß. Ergab für mich ein sehr stimmiges Bild, ebenso wie die Positionierung fast aller Osnabrücker hinter den Bannern. So waren von Gästeseite trotz fehlendem Dach während des ganzen Spiels über laute Gesänge zu hören, die von Trommel und mehreren Schwenkern begleitet wurden. War jetzt kein Lied dabei, was bei mir wirklich in Erinnerung bleibt aber für einen Freitag Abend wirklich gut. Wirklich gut wirkte auch die Pyroshow zu Beginn der zweiten Halbzeit. Neben zwei Mal Leuchtspur in Himmel bzw aufs Feld gab es mehrere Blinker und ein paar Fackeln am Zaun. Sieht einfach schick aus bei einem Abendspiel. (wie Faszination Fankurve berichtet, hätte es eine viel größere Pyroshow auf Gästeseite geben sollen, vor dem Gästeblock wurden vor dem Spiel 20 kg Pyrotechnik gefunden). Das einzige Problem was sich ergab war die Tatsache, dass man eine Pyroshow nicht so schlagartig beenden kann. Dem eigenen Team brachte die zusätzliche Motivation nämlich herzlich wenig, genau während der Show erzielte Fortuna das 3:0, nachdem man bereits in Halbzeit eins die Tore zum 1:0 und nach schönem Flankenlauf über links vorbei an 4 Osnabrückern und Pass in den Rücken der Abwehr das 2:0 erzielte. Hier hätte man als Gästefan vielleicht gerne die Pyroshow schlagartig beendet. Erst in der 72. Minute konnten die Gäste nach Flugkopfball zum 3:1 verkürzen. Half aber nichts mehr, in einer das ganze Spiel über sehr einseitigen Partie gewann die Fortuna auch in dieser Höhe verdient. Festzuhalten bleibt noch die sehr ruppige Art der Gastmannschaft. Viele auch härtere Fouls, die eher selten abgepfiffen wurden während man selbst bei jeder noch so kleinen Berührung zu Boden ging. Die ruppige Art hatte auch schon nach 20 Minuten eine verletzungsbedingten Wechsel bei Fortuna zur Folge.

Highlight war für mich ganz klar, als der Schiri das Spiel unterbrach und einen Osnabrücker dafür ermahnte, den Balljungen ziemlich hart angeschnauzt zu haben, gutes Ding! Nicht so gut waren leider einige wenige Fortuna-Fans, die Osnabrück-Spieler Dercho immer wieder sexistisch und homophob mit Gesängen wie „Dercho ist ne Frau“ und „…nimmt ihn in den Mund…“-Rufen beleidigten.

Zur Feier des Tages gab es am Ausgang dann noch für jeden einen Fortuna-Kalender 2016 vom Sponsor und ich erreichte dann dank leichter Verspätung der Bahn sogar noch den Zug eine Stunde früher. Hier bewies dann noch der Lokführer seinen Humor mit der Ansage: “ Guten Abend liebe Damen und Herren, hier spricht ihr Lokführer. Wegen eines Vandalismusschadens, irgendwelche Vollhonks haben eine Scheibe eingeschlagen, musste dieser Zug getauscht werden. Durch die verspätete Bereitstellung haben wir aktuell eine Verspätung von 10 Minuten. Wenn sie die Honks treffen, die sich damit brüsten, eine Scheibe in einem Zug eingeschlagen zu haben, bestellen Sie ihnen einen schönen Gruß und hauen ihnen eine rein!“ 😀