Nur der SVW!

Unterwegs mit dem glorreichen Sportverein

Union Berlin – Werder 1:2, Sa. 14.09.19, 22012 ZuschauerInnen (etwa 2500 Gäste)

Nach einigen Jahren immer wieder kurz vor Ende scheitern hat es Union Berlin Ende der letzten Saison in der Relegation endlich geschafft, das Ticket erste Liga zu lösen. So schön das Stadion an der alten Försterei mit 3 Stehplatztribünen und manueller Anzeigetafel ist, so unentspannt ist bei knapp 22000 Plätzen natürlich die Kartensituation. Die älteren Grün-Weißen werden sicher schon zum Pokalspiel damals dabei gewesen sein, für den Rest war es wohl das erste mal Försterei. Auch wenn ich mich zu den älteren zählen würde, war auch ich damals nicht dabei. Mein erster Försterei-Besuch war ein Heimspiel gegen Sandhausen als ich in Berlin wohnte, wir in München spielen sollten und der Bahn einen Tag vor’m Spiel einfiel, dass man ja mal streiken könnte. Da die Preise für Flixbus und Co als Student nicht finanzierbar waren, ging es in die Alte Försterei. Heute also Besuch 2.

Die Fahrt nach Berlin sollte heute mal wieder per Zug in Angriff genommen werden. Das WET-Ticket wurde seitens der Bahn ja leider eingestellt und es wurde mit Quer-durchs-Land-Ticket ein wenig teurer. Bei 5 Leuten pro Ticket natürlich trotzdem die günstigste Möglichkeit nach Berlin zu kommen. Die Hinfahrt verlief sehr entspannt. In Hamburg konnte man sich im Hbf leider nur kurz einmal Gehör verschaffen. Ich liebe aber ja die Blicke der normalen Reisenden, wenn da ein Haufen Fußballfans am Bahnsteig steht oder noch besser in deren Zug steigt. Unterwegs zusteigende Union-Fans wurden in unserem Waggon mit lauten „Union, Union, Sowjetunion“ Gesängen begrüßt. Auch sonst nutzte man die Zeit eher für gemeinsame Gespräche mit den Unioner*innen. In Charlottenburg angekommen wurde am Bahnsteig ein wenig gesungen. Zwar hatte Werder selbst in den Fanhinweisen S Köpenick als Ziel angegeben, wir durften aber am Ende natürlich nicht mit durchfahrender S-Bahn ab Charlottenburg dort hin fahren. Stattdessen bekamen wir eine Sonderbehandlung mit Umstieg und Fahrt nach Spindlersfeld. Dass dort dann ausgerechnet mehrere Thor Steinars ihr Bierchen trinken müssen, nicht unbedingt ideal. Aufgrund jeder Menge Polizei gab es natürlich nur ein paar nette Worte. Der Fußweg ab Spindlersfeld zur Försterei wurde ebenfalls von jeder Menge Wannen begleitet. Bis man dann am Stadion war, war es bereits 14:30 Uhr.

An den Schleusen vor’m Gästeeingang entwickelte sich schnell eine lange Schlange, was die Übergabe von kurzfristig organisierten Tickets erschwerte. Nach unkompliziertem Einlass im Gästeblock dann trotz der späten Ankunft super viel Platz. Da hätte man locker noch 500 Tickets mehr verkaufen können. Aber klar, dann bräuchte man auch mehr Ordner*innen und Sanitäranlagen. Insbesondere letztgenannte waren zumindest nicht erste Liga. Der Gästeblock wie das gesamte Stadion eigentlich richtig geil. Da man fast auf Platzhöhe steht, ist die Sicht natürlich deutlich eingeschränkt, man ist dafür aber irgendwie auch mittendrin. Entsprechend häufig fand sich irgendwer auf dem Zaun ein. Im Block selbst positionierte man sich von links nach rechts mit EDV, Ultra Boys, Intesa, IY, UTB, WB, HBC, Caillera. Ins Spiel startete man hinter einem großen „Nu man to Werder!“ (plattdeutsch für “ Vorwärts Werder!“) Banner des UTB vor dem Block. Während des Spiels gab es eine gemeinsame Aktion zu Stadionnamen von WB und der Heimseite. Vor der Waldseite prangte ein großes „Stadionnamen erhalten – Für immer Weserstadion“. Im Gästeblock gab es dazu ein „Stadionnamen erhalten – Für immer Stadion an der alten Försterei“. In Zeiten von Investoren und Stadionnamenverkäufen wie bei uns ein mehr als wichtiges Statement. An Stimmung im Gästeblock hatte ich mir heute tatsächlich ’ne Ecke mehr erwartet. Die Lieder kamen in den Randbereichen vorne akustisch leider kaum an. Richtig gut gefallen hat mir aber das „Wir haben die ganze Welt gesehen“. Das Lied wird leider viel zu selten angestimmt. Ansonsten sind mir keine positiven Ausreißer in Erinnerung geblieben. Lag aber vielleicht auch am sehr wilden Spielverlauf. Ständig Videobeweis, 2 von drei Toren per Elfer und das schon richtig früh im Spiel. Den ersten Elfer für uns gab es nämlich schon nach 2 Minuten. Nach zunächst klarer Entscheidung für Elfer und entsprechendem Jubel im Gästeblock ging der Schiri dann doch spontan nochmal an seinen Fernseher. Scheiß Videobeweis! Immerhin blieb er bei seiner Entscheidung und drei Minuten später konnte dann auch Klaassen verwandeln. Nur zehn Minuten später wieder Elfer, diesmal auf der anderen Seite und wohl auch erst nach Rückmeldung aus Köln. Im Stadion sah das überhaupt nicht nach Elfer aus, laut Kicker war es aber wohl einer. Jedenfalls glich Union aus. In der Folge wurde natürlich bei jedem Foul sarkastisch gefragt, ob man nicht doch lieber noch einmal den Videobeweis zu Rate ziehen möchte. Bis zur 55. Minute passierte anschließend nicht viel. Dann gab es wieder Elfer für uns, den Klaassen diesmal verschoss. Riesen Jubel im Großteil des Stadions. Den direkt anschließenden Eckball verwandelte Füllkrug dann aber zum 2:1 für Grün-Weiß, Jubel im Gästeblock, Stille im Rest des Stadions. Kurz vor Ende dann der nächste große Aufreger. Subotic foult an der Außenlinie Bittencourt so brutal, dass dieser auf die Pflastersteine neben dem Rasen knallt. Kohfeldt und der Rest der Bank sofort bei Subotic, der scheiß Schiri gibt aber nur gelb-rot. Für mich war allein das klar rot. Richtig lächerlich machte sich der Schiri aber dann, als er Sahin wegen zu frühem Freistoßausführen allen Ernstes auuch gelb-rot gibt. Das ist doch ein schlechter Witz. Trotz der gelb-roten Karten passierte außer vieler Elfer-Schindungsversuche der Unioner nichts mehr und am Ende gewann Werder das Spiel etwas glücklich mit 2:1. Pure Freude im Gästeblock und so ziemlich alle auf dem Zaun.

Von der Rückfahrt per Nahverkehr kann ich nichts berichten, da ich spontan mit der U18-Fahrt des Fanprojektes zurück nach Bremen fuhr. Über Magdeburg und Braunschweig kamen aber wohl alle Grün-Weißen früh am Sonntag Morgen zurück nach Bremen. Geile Tour!

Die Heimseite war bei Pfiffen und Pöbeleien sehr laut, den Support hatte ich dagegen noch lauter erwartet. Mit mehreren Spruchbändern wurden Gruppenmitglieder unterstützt bzw. sich seitens des Wuhlesyndikats mit ihnen solidarisiert: „Ein Fehltritt wirft dich nicht aus der Bahn. Durchhalten Bro!“, „Auch nach Feierabend oder auf dem Dach der Försterei stets an unserer Seite und immer mit dabei. Danke Olli und Baume!“

Mein Highlight aber vor allem das klare Statement des Wuhlesyndikats zu Sahar Khodayari:

„Kein Stadionverbot für’s Geschlecht! Fan sein ist ein Menschenrecht! RIP Sahar Khodayari!“

Richtig stark und hatte ich so nicht erwartet. Die Vereine halten sich ja leider größtenteils mit Statements zurück. Fortuna färbte wie Tebe und Rom sein Logo blau, ein paar Vereine äußerten sich mit einem Text, aber alles in allem für mich viel zu wenig für dieses schreckliche Ereignis! Für Hintergründe empfehle ich Antjes Artikel für Neues Deutschland.

Weitere Fotos gibt es hier:

Infamous

Wanderers